Historisches
Geschichte des Fests
Kinderfeste haben eine lange Tradition in Hechingen.
Schon Eugenie, die letzte Fürstin von Hohenzollern-Hechingen und Wohltäterin der Stadt, die leider 1847 allzu früh verstarb, hatte Feste für Schüler und für die Kinder des von ihr gegründeten Kinderhauses ausgerichtet.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden in der "Reitbahn beim Zwingel" regelmäßig Kinderfeste am Sedanstag abgehalten.
Im Jahr 1900 fand auf der "Lichtenau" ein Kinderfest zu Ehren des 50-jährigen Jubiläums des Übergangs von Hohenzollern an Preußen statt und 1913 feierte man im "Fürstengarten" ein Kinderfest zu Ehren des 25-jährigen Regierungsjubiläums des Kaisers. In der Weimarer Republik scheint die Tradition der Kinderfeste unterbrochen gewesen zu sein.
So dauerte es nahezu ein Vierteljahrhundert bis wiederum ein Kinderfest in Hechingen stattfand. Der 1847 als Friedrich Wüst in Hechingen geborene und 1872 nach Amerika ausgewanderte Fred West (geboren 17. August 1847 in Hechingen, gestorben 1. mai 1930 in Buffalo, USA)
vermachte der Stadt Hechingen nach seinem Tod 1930 eine beachtliche Summe Geldes. Zur Erinnerung an seine im Alter von 24 Jahren verstorbene Tochter Irma (geboren 1876, gestorben 31.12.1900 im Alter von 24 Jahren) bestimmte er einen Teil dessen, 10.000 Dollar, "um ein jährliches Kinderfest oder eine Kinderunterhaltung aller Stände und Religionsgemeinschaften abzuhalten unter dem Namen Irma West Kinderfest".
Aufgrund der komplizierten Nachlassregelungen benötigte es rund 4 Jahre bis die entsprechende Summe in Hechingen eintraf. Die Planung und Realisierung des Festes erforderte nochmals 2 Jahre Zeit, sodass das erste Irma-West-Kinderfest im Jahre 1936 gefeiert werden konnte. Die Ausgestaltung des Festes, der damalige Bürgermeister Paul Bindereif hatte dies zur „Chefsache" erklärt, war allerdings bestimmt durch die Instrumentalisierung für die Ideologie und die Ziele des Nationalsozialismus. Nicht die „Kinderunterhaltung", wie sie Fred West in seinem Testament festgeschrieben hatte, stand im Mittelpunkt sondern der erzieherische Charakter, der den Zielen einer nationalsozialistischen Erneuerung verpflichtet war.
Man hatte zwar mit Figuren wie Vogt und Vögtin und der Kleinen Garde oder auch dem Gansfuß Elemente aus der Geschichte Hechingens aufgegriffen, die Durchdringung der praktischen Ausführung mit den nationalsozialistischen Leitgedanken wie der Volksfamilie und dem Führerprinzip sowie der nationalsozialistischen Brauch- und Volkstumsideologie ist jedoch offensichtlich. Dies geschah beispielsweise durch die rituelle Form der Festhandlung und durch die Art und Weise, in der die Kinder für den „Führungsstab" (Vogt und Vögtin, Zwölfer etc.) ausgewählt wurden. Die Jungen mussten sich einer wehrsportlichen Prüfung unterziehen, die Mädchen hatten Handarbeiten anzufertigen und einen Leichtathletik-Wettkampf zu absolvieren.
Die Kinderfeste der Jahre 1936-1938 standen also unter keinem günstigen Stern und angesichts des Ausschlusses jüdischer Kinder war auch der Stiftungsgedanke ad absurdum geführt worden. Das erste Kinderfest nach dem Krieg fand 1949 statt. In der Folgezeit waren es vor allem die thematisch orientierten Umzüge der Schulkinder, die in Erinnerung blieben.
Seither hat sich aber vieles zum positiven verändert: 1968 wurde der Festplatz von der Lichtenau in den Weiher verlegt so dass der jährlich stattfindende Rummel und seine Schausteller mehr Platz hatten. Gruppen wie der Jugendfanfarenzug sind hinzugekommen. Die Vereine der Stadt und ihrer Stadtteile beteiligen sich engagiert am großen Festumzug und der Festhandlung. Die Angebote für Kinder und Jugendliche wurden in den letzten Jahren kontinuierlich ausgebaut und die Unterhaltung aller Kinder und Jugendlichen stand wieder mehr im Mittelpunkt des Kinderfestes. Ganz so wie von Fred West gewünscht.
Seit 1998 bemühen sich Initiatoren und Helfer um die stetige Erweiterung des großen Festumzuges mit historischen Gruppen in liebevoll gestalteten Kostümen.1999 wurde das Irma-West-Kinder- und Heimatfest erstmals von der im März desselben Jahres gegründeten Irma-West-Gemeinschaft e.V. ausgerichtet. Diese wurde im Spätjahr 1999 in die "Arbeitsgemeinschaft historischer Kinder- und Heimatfeste Süddeutschlands" aufgenommen.
Von da bewegte sich vieles in die heutige Form des traditionsreichen Irma-West-Kinder- und Heimatfestes Hechingen. So wurde unter anderem die Festhandlung, die bis dahin auf dem ursprünglichen Text von 1936 basierte, neugestaltet und mit viel Mühe, zahlreichen Teilnehmern und modernster Licht- und Tontechnik aufgewertet.
Jedes Jahr nehmen mehr Gruppen und Vereine an den verschiedensten Angeboten und Attraktionen des Hechinger Kinderfestes teil und so gehört es inzwischem zu einem der schönsten in der Region. Das große Feuerwerk am Montagabend ist über die Grenzen der Region hinaus bekannt und lockt bis zu 8000 Besucher an.
Im Mittelpunkt steht die Unterhaltung der Kinder und Jugendlichen, egal welchen Standes und Religion. Damit gedenken wir alle jedes Jahr mit diesem Kinderfest dem Stifter Fred West und seiner Tochter Irma West, der dieses Fest gewidmet ist.
Stifter Fred West und seine Tochter
Fred West
Irma West